Tobias, was ist Deine Rolle im Innovation LAB?

Ich bin Business Development Manager. Zusammen mit meinen Kolleginnen und Kollegen beschäftigen wir uns mit der Entwicklung und Umsetzung von Geschäftsmodellen. Dies geschieht auf Basis der Trends und Ideen, die wir beispielsweise durch Scouting im Markt ausfindig machen. Dazu gehört unter anderem das Formulieren und Testen von Hypothesen, das Entwickeln und Validieren von Prototypen oder das Analysieren von Customer Journeys.

Und welche innovativen Projekte hast Du gerade auf dem Tisch?

Da gibt es ein paar. Eines, das ich persönlich sehr spannend finde, ist unser «Parkour»-Projekt. Da geht es um

Tobias Mirsch, Business Development Manager, AMAG Innovation & Venture LAB

die Frage, wie sich künftig Parkhäuser nutzen lassen, wenn sie aufgrund verkehrs- und umweltpolitischer Entwicklungen weniger oder anders genutzt würden. Und plötzlich beschäftigt man sich mit Fragestellungen, an die man zuvor nie gedacht hätte.

Wie meinst Du das?

Also, ich hatte mir vor dem Projekt noch nie die Frage gestellt, wie abriebfest ein Bodenbelag ist. Aber im Zusammenhang mit der alternativen Nutzung von Parkhäusern wird diese Frage plötzlich relevant. Luftreifen sind beispielsweise weniger schädlich für den Bodenbelag als Polyurethan- oder Nylonrollen. Und somit hat die Bereifung eines Fahrzeugs grossen Einfluss auf die Abnutzung des Parkhaus-Bodenbelags, auf die Nutzungsmöglichkeit und auf die Kosten. Während meiner Ausbildung hätte ich wohl nicht gedacht, dass ich mich einmal mit einer solchen Thematik beschäftigen würde.

Das können wir uns vorstellen. Was ist denn Dein Hintergrund?

Ich komme aus dem Bereich Business Information. Das ist eine Kombination aus Business Studies, Performance Marketing, Web Research und Suchmaschinenoptimierung. Das Studium ist technisch aufgesetzt, im Kern ist es aber ein Business-Studium, fokussiert auf Schnittstellen zur Digitalen Welt. Danach bin ich in Richtung Marketing gegangen und habe zwischendurch immer wieder in der Automobilindustrie gearbeitet. Der Schritt in die Schweiz ergab sich durch ein Traineeprogramm bei Fiat Chrysler Automobiles. Danach hatte ich die Möglichkeit, in St. Gallen ein Doktoratsstudium am Institut für Wirtschaftsinformatik zu absolvieren, welches ich im Februar 2019 mit meiner Dissertation zum Thema Omnichannel Management und Digital Nudging abgeschlossen habe.

Digital Nudging? Was heisst denn das?

Das ist ein superspannendes Thema, welches aus der Verhaltensökonomik stammt. Es geht im Grunde darum, dass der Mensch kein reines «Vernunftwesen» ist. Im Gegenteil, er lässt sich bei Entscheidungen sehr stark von Emotionen und äusseren Einflüssen leiten. Stimmung, Hunger, Optimismus, Angst, Zeitdruck, dem Entscheidungsumfeld, aber zum Beispiel auch von seinem kulturellen Hintergrund. All diese Faktoren haben einen grossen Einfluss auf unsere Entscheidungen. «Nudging» heisst übersetzt so etwas wie «stupsen» oder «anstossen». Nur ist dies im übertragenen Sinne zu verstehen. Also eine Person zu etwas zu bringen, sie durch einen «Stups» zu einer bestimmten Entscheidung zu bewegen. Nehmen wir die kleinen Süssigkeiten, die sich immer in den Regalen an der Supermarktkasse befinden. Warum sind diese gerade dort? Weil man dort warten muss, weil die Kinder quengeln, und weil die Mutter – oder der Vater – dann eben ins Regal greift, einen Schokoriegel nimmt und die Kinder «ruhig stellt». Ein typischer «Nudge». Ein weiteres prominentes Beispiel sind die aufgeklebten Fussabdrücke auf der Rolltreppe am Zürich HB. Die sollen die Passagierströme optimieren und indizieren, links zu gehen und rechts zu stehen.

AMAG Innovation & Venture LAB

Mit dem AMAG Innovation & Venture LAB verfolgt die AMAG Gruppe eine klare Strategie hin zur nachhaltigen individuellen Mobilität. Wir haben uns zum Ziel gesetzt, dem Kunden einfache und vernetzte Mobilitätslösungen anzubieten.
Mit rund 20 Spezialisten entwickeln und pilotieren wir im AMAG Innovation & Venture LAB neue, eigenständige Geschäftsmodelle und investieren in zukunftsträchtige Startups. Mehr über das AMAG Innovation & Venture LAB

Spannend. Kannst Du uns auch ein Beispiel für «Digital Nudging» nennen?

Gerne. Jeder kennt Booking.com. Auf dieser, und auch auf anderen Webseiten für Hotelbuchungen, wird einem ständig angezeigt, dass genau das Hotel, das Zimmer, welches man sich gerade anschaut, nur noch zwei Mal verfügbar ist. Oder dass sich gerade 12 Personen ebenfalls genau dieses Hotel, dieses Zimmer auf dieser Webseite anschauen. Und dass man sich womöglich einen einmalig günstigen Preis entgehen lässt – wenn man nicht jetzt bucht. Das schürt eine gewisse Verlustangst. Und damit es einem noch leichter fällt, wird einem mitgeteilt, dass man ja auch jederzeit wieder stornieren könne. Das ist typisches «Digital Nudging». Doch, bevor man dies jetzt als reine «Verkaufstricks» abtut: Es geht eben auch darum, Menschen positiv in eine bestimmte – idealerweise die richtige – Richtung zu bewegen, zum Beispiel zu einem gesünderen Lebensstil. Krankenkassen und Gesundheitsorganisationen machen dies durchaus erfolgreich, indem Menschen für bestimmte Verhaltensweise belohnt werden. Zum Beispiel mit einer App, in der man Punkte erhält für jeden Tag, an dem man sich viel bewegt hat oder bestimmte gesundheitsfördernde Präventivmassnahmen wahrgenommen hat.  

Und gibt es da auch Einsatzmöglichkeiten für das AMAG LAB?

Absolut. Wir sehen zum Beispiel, dass immer noch viele Menschen grosse Berührungsängste haben, wenn es um Elektromobilität geht. Ein grosses Thema ist immer die Angst vor der vermeintlich geringen Reichweite oder davor, das Fahrzeug einmal nicht laden zu können. Viele dieser Ängste sind absolut nicht alltagsrelevant, aber es ist trotzdem sehr schwierig, die Menschen zu überzeugen. Mit «Nudging» kann man hier Abhilfe schaffen. Zusammen mit AMAG Import erarbeiten wir beispielsweise Nudges, welche dem Kunden seine Ängste gegenüber nachhaltiger Elektromobilität nehmen. Ein wertvoller Hebel ist hier das Erleben der Elektromobilität, um sie erfahrbar zu machen. Das löst häufig schon Ängste und Skepsis. Beispielsweise kann man hier auf das Angebot erweiterter Probefahrten und auch ein Clyde-Abo bauen. Elektromobilität erfahrbar und ganz ohne Risiko.

Tobias, vielen Dank für das aufschlussreiche Gespräch und alles Gute für die kommende Zeit.


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