Felix ist mit dem Auto unterwegs an den Flughafen, um seine Eltern von den Ferien abzuholen. Im Augenwinkel sieht er, wie seine Freundin ihm gerade eine Whatsapp geschickt hat. Vielleicht will sie sich nach dem Streit von vorhin versöhnen? Schnell wirft er sich eine weitere Schokokugel in den Mund, bevor er zum Handy greift, um ihre Nachricht zu lesen. Es knallt.

Ablenkung beim Autofahren ist eine der häufigsten Unfallursachen auf den Schweizer Strassen. Grob kann sie in vier Arten unterschieden werden:

1. Visuelle Ablenkung beim Autofahren

Das sind zum Beispiel Werbungen am Strassenrand, viele verschiedene Strassenschilder, der Boardcomputer oder das Handy.

2. Akustische Ablenkung beim Autofahren

Akustische Ablenkungen sind beispielsweise laute Musik, Hörbücher, ein klingendes Handy, Beifahrer oder Kinder im Auto. Auch ausserhalb des Autos gibt es Geräusche: Beispielsweise Hupen, Baustellen oder Rettungsfahrzeuge.

3. Kognitive Ablenkung beim Autofahren

Mit kognitiven Ablenkungen sind die Gedanken gemeint. Felix beispielsweise ist durch den Streit mit seiner Freundin abgelenkt, weil er in Gedanken immer noch der Diskussion nachhängt. Persönliche oder berufliche Probleme, Stress und ähnliches beeinträchtigen die Konzentration beim Fahren. (Welchen Einfluss Routine auf unser Fahren hat)

4. Motorische Ablenkung beim Autofahren

Felix’ Essen der Schokokugeln, der Griff nach dem Handy oder die Bedienung des Boardcomputers sind motorische Ablenkungen.

Diese Punkte können einzeln oder kombiniert auftreten – je mehr dieser vier Ablenkungen gleichzeitig auf den Fahrer zutreffen, desto gefährlicher. «Nur schnell» für 5 Sekunden eine SMS zu schreiben, während man mit 50 km/h unterwegs ist, kommt einer Strecke von 70 Metern mit geschlossenen Augen gleich. Dazu kommt, dass eine Ablenkung beim Autofahren die Reaktionszeit um mindestens eine Sekunde verlängert – bei einer Geschwindigkeit von 100 km/h sind das 30 Meter.

Einige potenzielle Ablenkungen können beim Autofahren vermieden oder zumindest verringert werden. Hier einige Tipps:

  • Route anschauen – wo könnte es stauen, was sind die Alternativen? Wo können Pausen eingelegt werden? Wo bzw. wie verpflegt man sich?

  • Ziel im Navigationsgerät eingeben und die Route auswählen.

  • Gewünschte Playlist, Radiosender oder CD einstellen oder einlegen. Die Lautstärke der Musik sollte den Lärmpegel der Verkehrsgeräusche nicht übertönen.

  • Beschäftigung für die Kinder organisieren.

  • Handy auf die «Beim Fahren nicht stören»-Funktion stellen oder ausschalten und ausser Reichweite legen. Telefonieren kann man wenn nötig über die Freisprechanlage. Dabei sollte jedoch auf emotionale oder heikle Gespräche verzichtet werden.

  • Checken, ob die Ladung gut gesichert ist.

  • Auf bequeme Kleidung zum Fahren achten. Jacke ausziehen, gute, geschlossene Schuhe anziehen.

  • Körperpflege wie Schminken, Haare bürsten oder Pickel ausdrücken können zu Hause im Badezimmer erledigt werden.

  • Sich über die Funktionen am Auto informieren: Wo befindet sich was?

  • Welche Assistenzsysteme gibt es und sind aktiviert? Gibt es eine Müdigkeitserkennung? Greift der Spurhalteassistenz ein? Gibt es vorne und hinten Parksensoren?

  • Bei Bedarf das Handy mit dem Auto koppeln und einrichten. Bestenfalls die benötigten Funktionen wie Musik und Telefonie vorweg testen.

  • Sitz und sämtliche Spiegel einstellen.

  • Wenn es einen Beifahrer gibt, ihm/ihr die Verantwortung über zum Beispiel Musik, Navigation und Klimaanlage übertragen.

  • Regelmässig Pausen einlegen und mit allen Mitfahrern zusammen etwas die Beine vertreten.

  • Rauchpausen auf die Fahrpausen verlegen. Eine herunterfallende Zigarette oder Asche gibt nicht nur wüste Löcher, sondern ist auch eine gefährliche Ablenkung beim Autofahren.

  • Wenn etwas herunterfällt, es liegen lassen, bis man angehalten hat oder den Beifahrer mit der Suche beauftragen.

Essen und Trinken sowie das Telefonieren mit einer Freisprechanlage während der Fahrt sind in der Schweiz grundsätzlich nicht verboten. Sollte eine solche Ablenkung im Falle eines Unfalles nachgewiesen werden, droht eine härtere Strafe. Zudem zahlt die Versicherung dann oftmals nicht den vollen Betrag.

Doch nicht nur für Autofahrer stellt Ablenkung eine grosse Gefahr dar: Fussgänger, die ihre Aufmerksamkeit während dem Gehen ausschliesslich auf den Handybildschirm richten, gefährden sich selbst und andere Verkehrsteilnehmer. Auch Musikhören mit Kopfhörern ist als Fussgänger und Velofahrer gefährlich. Oft verlassen wir uns viel mehr auf unser Gehör uns bewusst ist – ein herannahendes Auto hört man teilweise eher, als man es sieht. Das ist ein Problem, welches bei Elektroautos festgestellt wurde: Man hört sie kaum, da sie keinen Motor haben, der sie akustisch verraten würde. Deshalb müssen alle Elektroautos, welche ab Juli 2019 die Typengenehmigung erhalten, mit einem akustischen Signal ausgestattet sein, solange sie weniger als 20 km/h fahren.

Dieser Artikel entstand in Zusammenarbeit mit RoadCross Schweiz.

Weitere Informationen:

Help Line RoadCross Schweiz
BFU Unaufmerksamkeit und Ablenkung
SINUS-Report 2018

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