Im 2017 wechselten in der Schweiz knapp 873’000 Occasionsfahrzeuge ihren Besitzer. Worauf man beim Occasionskauf alles achten muss, ist für den Laien aber nicht ganz einfach. Zusammen mit Bruno Blättler, Geschäftsführer und Michael Köchli, stellvertretender Geschäftsführer des AMAG Occasions Center Zürich, welches 2017 mit dem EurotaxAward als bester Occasionshändler ausgezeichnet wurde, haben wir eine Checkliste mit hilfreichen Tipps zusammengestellt.

Bruno Blättler (rechts) und Michael Köchli (links) vom AOC Zürich gaben hilfreiche Tipps für den Occasionskauf.

Bruno Blättler (rechts) und Michael Köchli (links) vom AOC Zürich gaben hilfreiche Tipps für den Occasionskauf.

1. Budget und Einsatzzweck definieren

Bevor es an die eigentliche Occasionssuche geht, müssen Budget und Einsatzzweck definiert werden. So kann man erste Eingrenzungskriterien für die spätere Suche definieren.

2. Angebote vergleichen

Es lohnt sich, Angebote verschiedener Anbieter zu vergleichen. Dabei sowohl Online-Plattformen durchforsten, als auch direkt bei Occasionshändlern vorbeischauen. Denn obwohl man Preis, Kilometerstand und Alter bequem von zu Hause aus vergleichen kann, so sagt ein persönlicher Besuch oft mehr über den Zustand des Autos aus.

3. Karosserie prüfen

Das Fahrzeug soll einen gepflegten Eindruck machen und sauber sein. Beim Check auf Rostspuren, Beulen und Kratzer achten. Zudem die Frontscheibe auf Steinschläge kontrollieren und den Lack auf Ausbesserungsarbeiten überprüfen. Bruno Blättler empfiehlt zudem einen Blick auf Dichtungen an Kofferraum und Türen zu werfen, den diese dürfen weder spröde noch kaputt sein. Und Achtung: Zuviel Glanz bei einem älteren Fahrzeug, da könnte nachgeholfen worden sein.

Kaputte Gummidichtung beim Kofferraum.

Eine kaputte Gummidichtung beim Kofferraum sollte vor dem Kauf auf Kosten des Verkäufers ersetzt werden.

Intakte Gummidichtung beim Kofferraum.

So sieht eine intakte und gut gepflegte Gummidichtung aus.

Rostspuren und Ausbesserungsarbeiten bei einem älteren Fahrzeug.

Bei Fahrzeugen, die bereits zahlreiche Rostspuren und deutlich ersichtliche Ausbesserungsarbeiten aufweisen gut hinschauen.

4. Motor kontrollieren

Der Motorraum sollte sauber und der Motor nicht verölt ausschauen, die Kabel, Schläuche und Dichtungen dürfen nicht porös oder beschädigt sein. Bei der Batterie auf das Alter achten. Es empfiehlt sich, dass diese nicht älter als vier Jahre alt ist und keine Korrosion an den Polen aufweist.

Älterer und ungepflegter Motor mit kaputter Dichtung.

Ein älterer und ungepflegter Motor, bei dem zudem eine Dichtung kaputt ist.

Sauberer Motor mit intakten Kabeln und Dichtungen.

Ein sauberer und gut gepflegter Motor mit intakten Kabeln und Dichtungen.

Alte Batterie mit Korrosionsschäden an den beiden Polen.

Bei dieser Batterie sind an den Polen bereits deutliche Korrosionsschäden sichtbar.

Das Alter der Batterie ist entweder auf einem Aufkleber ersichtlich oder wurde direkt auf dem Pol eingraviert

Das Alter der Batterie ist entweder auf einem Aufkleber ersichtlich oder wurde direkt auf dem Pol eingraviert.

5. Reifenzustand überprüfen

Die Profiltiefe muss bei allen vier Reifen gleichmässig sein und mindestens 4 mm betragen. Auch sollten die Reifen achsweise vom gleichen Hersteller sein, keine Verletzungen an den Flanken haben (auch innen) und die Reifengrösse den Angaben in den Fahrzeugpapieren entsprechen. Zudem lohnt es sich auch, das Alter des Reifens anzuschauen.

6. Innenraum anschauen

Die Armaturen und die Abnutzung der Sitze sollten dem Fahrzeugalter und dem km-Stand entsprechen. Sind auffällig viele Teile erneuert worden, so ist Vorsicht geboten. Unbedingt Heizung, Klimaanlage und Scheibenwischer testen, sowie das Radio und, falls vorhanden, das Navigationssystem ausprobieren. Leuchten alle Kontrolllampen beim Start? Gehen alle auch wieder aus? Alle elektrischen und elektronischen Helfer ausprobieren.

7. Fahrzeugpapiere und Servicenachweis kontrollieren

Unbedingt einen Blick in die Fahrzeugpapiere werfen. Michael Köchli empfiehlt, dass die letzte MFK-Prüfung nicht mehr als acht Monate zurückliegen sollte, wenn das Fahrzeug älter als vier Jahre ist. Im Servicenachweis (Serviceheft oder Servicenachweis in den Systemen des jeweiligen Markenvertreters) kann zudem überprüft werden, ob das Auto regelmässig bei einem Markenpartner gewartet wurde. Ist kein Serviceheft/Servicenachweis vorhanden, rät der Experte von einem Kauf ab. Diese Nachweise helfen auch beim Überprüfen, ob der angegebene Kilometerstand stimmen kann. Wenn ein Service bei 120’000 km eingetragen ist, können die 95’000 km auf dem Tacho nicht korrekt sein. 

8. Probefahrt vereinbaren

Eine Probefahrt am besten zu zweit machen. Zum einen macht das mehr Spass und zum anderen sehen vier Augen mehr als zwei. Die Experten empfehlen eine Probefahrt von ca. 30 Minuten. Dabei sollte man sowohl auf normaler Strasse wie auch ein kurzes Stück auf der Autobahn fahren und auf folgende Punkte achten:

  • der Motor muss einwandfrei starten und im Leerlauf ruhig und ohne Drehzahlschwankungen laufen
  • die Schaltung muss ohne viel Kraftaufwand betätigt werden können
  • es dürfen keine seltsamen Geräusche hörbar sein
  • das Lenkverhalten muss auf gerader und ebener Strasse gleichmässig sein (Lenkrad kurz loslassen und darauf achten, ob das Fahrzeug nach rechts oder links zieht)
  • die Handbremse muss funktionieren
  • die Bremsen müssen schnell reagieren und das Fahrzeug in der Spur halten
  • es dürfen sich keine unangenehmen Gerüche im Fahrzeug entwickeln
  • die Motortemperatur darf nicht vom Normalbereich abweichen
  • die Lampen im Innenraum und die Beleuchtung aussen müssen funktionieren
  • die Sicherheitsgurte dürfen weder klemmen noch ausgeleiert sein
9. Preis überprüfen

Kommt die Occasion in die engere Auswahl, kann der Preis mithilfe des Eurotax-Marktberichts auf seine Angemessenheit überprüft werden.

10. Fahrzeug testen lassen

Sollte beim Fahrzeug nicht bereits ein dokumentierter Check (der in einer Fachgarage ausgeführt wurde) beiliegen, bei den AMAG Occasions Centren heisst dieser 110 Punkte Check, kann zusätzlich ein Occasionstest bei den technischen Zentren des TCS durchgeführt werden. 

11. Kaufvertrag aufsetzen

Obwohl ein schriftlicher Kaufvertrag gesetzlich nicht vorgeschrieben ist, empfiehlt es sich dennoch einen abzuschliessen. Darin allfällige Einschränkungen, die nicht auf altersbedingte Abnutzung zurückzuführen sind (bspw. Kratzer oder Beulen), festhalten.

Kauft man das Fahrzeug bei einer Privatperson, sollte im Vertrag zudem geregelt sein, dass das Auto in einer bestimmten Frist von 1 – 2 Wochen bei einem Experten angeschaut wird. Die Kosten für den Check übernimmt der Käufer, allfällige Reparaturarbeiten gehen zulasten des Verkäufers, sofern der Mangel nicht akzeptiert wurde und dieser bereits vor dem Kauf bestand.

Wird das Auto bei einem Händler gekauft, unbedingt darauf achten, dass im Vertrag eine Garantie auf Teile und Arbeit für mindestens drei Monate gewährleistet ist. Bei teureren Occasionen sollten es zwölf Monate sein. Finger weg von Verträgen, bei denen die gesetzliche Gewährleistung ausgeschlossen wird.

12. Nichts überstürzen

In der Schweiz gibt es ein grosses Angebot von Occasionsfahrzeugen. Dies hat sowohl Vor- und Nachteile. Ist man zu Beginn vom grossen Angebot erst mal überfordert, so entsteht gleichzeitig kein Kaufdruck, da immer neue, attraktive Angebote auf den Markt kommen. Man sollte sich aber auch bewusst sein, dass ein Occasionsfahrzeug immer ein Unikat ist, denn die Bezeichnung «Occasion» kommt von französischen und bedeutet «Gelegenheit».

 

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